Zigarettenkippen - ein brennendes Umweltproblem

Nach Schätzungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) landen zwei Drittel aller gerauchten Zigaretten auf dem Boden. Weltweit würden so etwa 4,5 Billionen Zigarettenkippen pro Jahr in die Umwelt gelangen (In Deutschland werden jährlich etwa 106 Mrd. Zigaretten geraucht). Die Folgen: Über die Hälfte des Mülls an den Stränden der Ostsee sind Zigarettenkippen. Aber auch bei Müllsammelaktionen an der Nordsee landen sie regelmäßig in den Top 10 der am häufigsten gefundenen Müllteile. Die Entsorgung von Kippen auf der Straße und in der Umwelt ist dabei durchaus gesellschaftlich akzeptiert – und das in einem Maße wie dies bei anderen Abfällen kaum denkbar wäre. Doch diese Akzeptanz bröckelt - dies um so mehr, je besser die Information. Deshalb klären wir auf.

Blumenbeet als Aschenbecher?

Kippen sind ein wahrer Umweltkiller. In Zigaretten sind über 7000 Schadstoffe enthalten, wovon nachweislich 50 als Krebs erregend gelten. Landen diese Substanzen direkt oder über die Kanalisation und Kläranlage in unsere Gewässer, können sie von Wasserorganismen aufgenommen werden und diese schädigen. Über den Konsum von Fischen gelangen die Schadstoffe zu uns zurück. In den Zigarettenfiltern sammeln sich die Giftstoffe. Sobald sie mit Wasser in Berührung kommen löst sich gerade das Nikotin besonders schnell und leicht. Nach nur einer halben Stunde in einer Pfütze ist etwa die Hälfte des Nikotins im Wasser. Ein abgerauchter Zigarettenflter kann eine Menge von 1000 Litern Wasser mit Nikotin kleine Wassertiere, wie etwa Wasserflöhe, vergiften. Diese Wirkung verwundert kaum, bedenkt man, dass Nikotin und abgewandelte Varianten früher in der Landwirtschaft als Insektizide angewandt wurden, um Insekten töten. Gerade in urbanen Gebieten ist die Nikotin-Belastung besonders hoch. Studien haben eine bis zu 60fach höhere Konzentration im Oberflächenabfluss festgestellt.

Zum anderen bestehen die Filter nicht wie vielfach angenommen aus Papier, das schnell verrottet. Konventionelle Zigarettenfilter werden aus Zellulose-Acetat hergestellt – einem Kunststoff. Die Zerfaserung dieses Materials kann viele Jahre dauern. Und selbst dann neigt es dazu in kleinere Plastikteile zu zerfallen, bis hin zu Mikroplastik. Zigarettenkippen am Strand - der Tod für das Meer

Nach einem Regenguss sammeln sich achtlos weggeworfenen Kippen vor einem Kanaldeckel - hier nahe dem Asmuss-Bremer-Platz in Kiel. Über die Kanalisation gelangen die Kippen mit ihren Schadstoffen ins Klärwerk oder direkt ins offene Gewässer, wo sie erhebliche Reinigungskosten verursachen oder Wasserorganismen schädigen können. Über die Nahrungskette gelangen die Gifte zum Menschen zurück.

Was tun gegen die Kippenflut?

Das Umweltproblem Zigarettenkippen ließe sich leicht lösen, wenn Raucher sich an geltendes Recht halten würden: Die Kippen-Entsorgung auf der Straße oder in der Natur ist nach dem Abfallgesetz eine unsachgemäße Abfallentsorgung, damit nicht erlaubt. Die NaturFreunde S-H setzen auf eine Sensibilisierung der Bevölkerung durch Infostände, Aktionstage mit Sammelaktionen und Vorträgen, haben aber auch Forderungen an die Politik.

Bild oben: Die im Eimer sichtbare Menge an Kippen wurde im Mai 2019 innerhalb von 10 Minuten am "Rauchfreien Bahnhof" in Bordesholm gesammelt. Erwartungsgemäß noch deutlich  mehr  fanden wir erwartungsgemäß in der Fußgängerzone.

Bild links: Über 12.000 Zigarettenkippen sammelten die Auszubildenden am Segeberger Berufsbildungszentrum auf ihrem Schulgelände und den Straßen drum herum an einem Nachmittag.

Die NaturFreunde fordern:

  • Zigarettenkippen im Restmüll entsorgen
  • Unterwegs Taschenaschenbecher benutzen
  • Mehr Aschenbecher im öffentlichen Raum anbieten
  • Kontrollen und Bußgelder drastisch erhöhen (Beispiel Singapur)
  • "Rauchfreie Kommunen" beschließen (Beispiel Groningen)
  • "Rauchfreie Strände" beschließen, Hinweisschilder aufstellen
  • Kinderspielplätze: Kippenentsorgung landesweit verbieten
    (Beispiele: Bayern, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, in Schleswig-Holstein seit Februar 2020)
  • Landesweite öffentlichkeitswirksame Aktionstage wie "Blitzkontrollen"
  • Aufklärungskampagnen zur Bewusstseinsbildung
  • Verbot der Tabakwerbung
    (Beispiele: Alle EU-Länder außer Deutschland)
  • Tabaksteuer erhöhen
  • Keine Subventionen für den Tabakanbau (Direktzahlungen)
  • Als letzte Maßnahme: Zigarettenfilter verbieten

Zunächst aufklären statt verbieten - NaturFreunde S-H und Studenten der Christian-Albrechts-Universität präsentieren im Juli 2019 ein Hinweisschild zu den Umweltgefahren von am Strand unsachgemäß entsorgten Zigarettenkippen am Falkensteiner Strand. Foto: Kieler Express 



Zwei Eimer voll mit Zigarettenkippen, die im August 2019 binnen kurzer Zeit in der Flensburger Fußgängerzone gesammelt wurden - dies obwohl die Stadt die Straßen am Vortrag gereinigt hatte.